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Der Weg

 

Sie hatte sich gut vorbereitet auf die kommenden Prüfungen. Die Inhalte waren ihr klar, sie wusste, was sie wissen musste. Gestärkt mit diesen Gedanken schlief sie ein und erlebte eine ruhige Nacht. Am folgenden Morgen wurde sie durch ein ihr bekanntes Geräusch geweckt. Beim Blick auf Ihren Wecker wurde ihr bewusst, dass es nicht nur Zeit war aufzustehen, sondern dass der Tag der Entscheidung über ihren weiteren Weg gekommen war. Sie spürte ein leichtes Kribbeln in ihrem Körper, was aber vor einem solchen Ereignis für sie ganz normal war.


Der Tag begann also so wie fast immer, kaum Anzeichen von Unwohlsein oder Unsicherheit. Sie wusste, dass sie gut vorbereitet war und alles im Griff hatte.


Zwei Stunden später – sie war eben in den Prüfungsraum eingetreten – war plötzlich eine ihr fremde Unruhe Begleiter geworden. Sie hatte das eigenartige Gefühl, versagen zu müssen. Die Leere in ihrem Kopf verstärkte dieses Unbehagen noch, so dass ihre Sicherheit wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel. Hatte  Sie sich zuviel zugemutet? War sie zu selbstsicher gewesen? Hatte Sie das Richtige gelernt? War sie wirklich eine gute Lernende? Was wusste sie denn wirklich? Diese und ähnliche Fragen plagten sie, es schien sich alles ins Nichts aufzulösen. Sie setzte sich hin und erwartete die Fragen des Prüfenden mit grosser Besorgnis. Die erste Frage liess sie beinahe erzittern – trotzdem hatte sie sie gut verstanden. Der Prüfende wollte doch tatsächlich wissen, wie sie sich fühle. ‚Furchtbar’ dachte sie – ‚es geht gut’, sagte sie. Sie wollte doch auf keinen Fall kundtun, dass sie sich unsicher fühlte. Aber diese erste Frage wirkte trotz allem beruhigend. Die Gedanken wurden wieder klarer und das Wissen kehrte zurück. 

Sie hat die Prüfungen bestanden. Sie kann den Weg gehen, den sie sich so gewünscht hat.
 

Kurzgeschichten

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